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Heinz Plank, Zeichnungen und Malerei – Zum 70. Geburtstag des Künstlers

Museum Schloss Burgk (Freital)

Laudatio

(Urheber: Rolf Günther, mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren Stadträte,
lieber Herr Plank, liebe Frau Plank,
liebe Freunde unseres Hauses.

Ich freue mich, Sie an diesem ersten Frühlingssonntag des Jahres auf Schloss Burgk zur Ausstellungseröffnung mit Werken von Heinz Plank auf das Herzlichste begrüßen zu dürfen.

So manchen unter Ihnen dürfte der Maler kein Fremder sein, zieren doch zwei wunderbare Tafeln seiner Hand seit langem unsere Kunstsammlung. Vor zwei Jahren übereignete der Künstler sie hochherziger Weise unserem Hause. Einige von Ihnen, die Sie ja treue Besucher sind, werden sich vielleicht auch noch unserer Ausstellung aus dem Jahr 1999 entsinnen. Damals präsentierten wir Gemälde von Heinz Plank im Kontext mit Plastiken von Fritz Böhme. Dies alles liegt weit zurück und wir gehörten damals noch der „mittleren Generation“ an – Grund genug nunmehr auf Neues und Neuestes zu schauen.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle doch noch etwas tiefer in die Vergangenheit zurück zu gehen. Mein erstes direktes Zusammentreffen mit Arbeiten des damals noch in Karl-Marx-Stadt beheimateten Malers datiert aus dem Jahr 1986. Die verdienstvolle Kunsthandlung Kühl auf der Zittauer Straße in Dresden hatte damals eine Personalausstellung für Heinz Plank eingerichtet – an diesem traditionsreichen Ort gewiss ein erster künstlerischer Ritterschlag, galt die Galerie Kühl doch als gute Adresse und als Sachwalter bester Dresdner- und sächsischer Kunst der klassischen Moderne aber auch des wirklich progressiven Gegenwartschaffens.

Ich kannte zu diesem Zeitpunkt Planks Bilder schon als Reproduktionen in dem damaligen Zentralorgan für Kunst, eben der Zeitschrift „Bildende Kunst“. Und eben dort hatte mich als jungen Eleven der Kunst 1977 ein altmeisterliches Triptychon begeistert, welches auf der VIII. Kunstausstellung im Albertinum zu sehen war. Ich meine das großformatige „Die Restauration findet nicht statt“. Es war ein Bild hinter dem Bosch und Goya, aber auch Dali und Dix standen. Es war ungewöhnlich und fernab der heldenhaften Posen der Hausfriedenskomitees oder der aktivistengeehrten Arbeiterportraits. Und so reagierte die offizielle Kritik, so es die damals gab auch einigermaßen verstört. Wolfgang Hütt, einer der Kunstpäpste der DDR schrieb damals:

„Übrigens ist von mehreren seiner jüngeren Kollegen (gemeint war Heinz Zander) jetzt Franz Radziwill entdeckt. Einzelheiten aus der Motivwelt jenes Malers nutzte Heinz Plank. Sein Bild will davon überzeugen, daß die Restauration nicht stattfinden kann, weil …, ja weil? Bei allem Motivaufwand und allen am Bilde erkennbaren kunstgeschichtlichen Studien – ich habe aus ihm die Antwort nicht erfahren. Sind da vielleicht einige Blicke in dickleibige Bildfolianten zu viel getan worden? Wohl kaum den, der seinen Augen traut und der meistert was sie zu seinem Bewusstsein führen.

Sicherlich zwingen die vielen andrängenden Themen zur Umschau nach Mitteln der Realisation. Manchmal freilich hätte schon die einfache, nachempfindbare Anschauung ausreichend sein können. Oft nämlich fließt in sie mehr Ideelles ein, als es die noch so kühnen Bildideen erzeugen. Eine Restauration, wie sie beim Schielen nach der Kunstgeschichte durchaus möglich wäre, fand zwar nicht statt. Das künstlerisch Revolutionäre aber ist mir zu sehr mit blässlichen Gedanken befrachtet, in wenigen Fällen nur wirklich malerisch ausgedrückt.“

Trotz dieser offiziellen Bedenken war ich fortan auf der Suche nach der originären Begegnung mit plank’scher Kunst und diese ward mir dann bei der Galerie Kühl.

Dort fand ich dann mit dem Gemälde „Zerrissen – Sein“ einem frühen Werk, entstanden 1975/77, also nur kurz nach der Meisterschülerzeit bei Werner Tübke, ein Bild, welches für mich noch heute zu den signifikantesten Werken Heinz Planks gehört. Der Künstler selbst hat es vielleicht fast vergessen. Auf jener frühen Tafel wird uns ein gemarterter, ein körperlich und vielleicht auch seelisch zerrissener Mensch vorgeführt, schonungslos hart, die Grenzen der Erträglichkeit auslotend. Ein Bild, den Höllentafeln Boschs oder den Kreuzigungen Grünewalds entsprossen, dem „Ecce homo“ Ratgebs zutiefst verwandt.

Warum erzähle ich Ihnen dies? Weil ich noch heute, beinahe vierzig Jahre später, der Meinung bin, dass in diesem frühen Meisterwerk schon der ganze Künstler und Mensch Heinz Plank enthalten war – nicht stilistisch und handwerklich, aber psychisch und weltanschaulich.

Als ich vor wenigen Monaten in Vorbereitung der heutigen Ausstellung den verdienstvollen Band „Heinz Plank – Beschwerliches Fliegen“ durchblätterte, trat mir diese Erkenntnis erneut vor Augen, ohne das eben jenes Bild dort wiedergegeben war.

Susanne und Klaus Hebecker, die Galeristen des Bilderhaus Krämerbrücke in Erfurt, beide profunde Kenner des plank’schen Werkes haben einmal über diese Bipolarität treffend geschrieben:

„Noch mehr fasziniert die Ausdruckskraft der antithetischen Prinzipien dieser Bildwelt zwischen Licht und Dunkelheit, Höhenflug und Sturz, Gipfel und Abgrund. Sie zeigt das Herrliche und das Schreckliche zugleich. Der Mensch erhält Bedeutung nur vor dem Hintergrund des Weltganzen. Gegen das Behütetsein im Begrenzten setzt Plank die Geborgenheit im Unendlichen.“

Ich selbst habe in meinem Katalogtext „Jenseits von Eden“ die Kunst Heinz Planks mit der Wanderschaft Dantes verglichen. Hatte doch Dante Aligihieri die folgenden Lettern über das Höllentor gesetzt, welches er und Vergil durchschreiten:

Durch mich geht man hinein zur stadt der trauer
Durch mich geht man in der Verlorenen zelle
Durch mich geht man zum leiden ewiger dauer

Aus recht gab mir der Schöpfer meine stelle
Die göttliche Gewalt hat mich geweitet
Die erste Liebe und die höchste Helle!

Vor mir hat kein geschaffenes ding bereitet
Nur ewige – wie auch ich ewig stehe
Lasst jede hoffnung die ihr mich durchschreitet

Hölle III. Gesang (Nachdichtung Stefan George)

Der weitere Weg der Beiden ist Ihnen, verehrte Damen und Herren, wohl bekannt und dieser endet im XXXIII. Gesang des Himmels der „Göttlichen Komödie“ wie folgt:

Nun naht er dir der aus tiefuntern gluten
Des weltalls sich erhob zu dieser steile
Durch alle stufen sah der geisterfluten

Und ruft zu dir dass deine huld erteile
Die kräfte seinem blick und dass er trete
Noch weiter aufwärts bis zum grössten Heile

Heinz Plank ist diesen Weg beinah ein halbes Jahrhundert gewandelt. Er ist ein Mitleidender an und in dieser Welt, im Kleinen und Großen, am Mikrokosmos und am Makrokosmos. Und diesen Leidensweg bannt der Künstler in kostbare Tafeln aus delikatesten Farbnuancen. Sie können sich gleich davon selbst überzeugen.

Die Grundlagen für dieses überragende Können erhielt der 1945 geborene Künstler an der Leipziger Hochschule für Graphik und Buchkunst, an der er 1967 – 72 bei Wolfgang Matthäuer und Werner Tübke studierte. Für ein Jahr war er dann noch dessen Meisterschüler. Heinz Zander, der Künstlerkollege aus Leipzig hat einmal treffend gesagt:

„Ein Meisterschüler ist kein Schüler, sondern ein Meister, der zur Schule geht bei einem noch größeren Meister.“

Und Tübke war trotz aller Vorbehalte ein großer Meister und wohl auch ein bedeutender Lehrer. Auch er kannte das künstlerische Erbe und setzte es ein. In diesem Sinne ist auch Heinz Plank wie sein Lehrer im besten Sinne Traditionalist. Schon Friedrich Nietzsche, dieser Zertrümmerer der alten Tafeln, hatte eine derselben ausgespart – die Ahnentafel. In der „Götterdämmerung“ heißt es daher:

„Alles Gute ist Erbschaft, was nicht ererbt ist, ist unvollkommen, ist Anfang.“

Nach dem Studium unternahm es Heinz Plank selbst auszubilden. Zwischen 1973 und 1975 unterrichtete er an der Fachschule für angewandte Kunst in Schneeberg bzw. an der HfBK in Berlin-Weißensee.
Seit 1976 arbeitet er freischaffend, erst in Chemnitz, heute in Niederlichtenau.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ehe ich Sie nun in die Ausstellung entlasse, erlauben Sie mir noch ein vielleicht klärendes oder erklärendes Wort zum Verständnis von Kunst.
Die Werke von Heinz Plank sind keine leichte Kost. Oftmals hört man den Kalauer „Was soll denn dies bedeuten, was will uns der Künstler sagen?“

Ich glaube Dix hat einmal gesagt:

„Künstler rede nicht, male.“

Und so hat Heinz Plank auch kaum über seine Kunst gesprochen. Und dies ist gut so. Kunst verlangt vom Besucher Verständnis, Bereitschaft eigenes Wissen einzubringen. Man muss sich einlassen wollen, der Dialog muss gewollt sein. Der Maler unterbreitet ein Angebot. Ob ich es annehme oder negiere liegt nicht in seiner Macht. Ich habe immer eine Erklärung für die ewige Frage, was die Institution Museum geben sollte? „Belehrung durch Genuss“. Ähnlich sehe ich auch die Kunst. Sie kann uns klüger, hellsichtiger, sensibler, mitleidsvoller, verständiger, freudiger, nachdenklicher und, und, und machen. Sie kann resignierend machen aber sie kann und sollte auch erheben.
Man sollte nie versuchen hinter jedes noch so kleine Detail dringen zu wollen.

Salvadore Dali, der geniale Surrealist und Selbstdarsteller hat einmal gesagt:

„Wie wollen Sie denn, dass das Publikum die Bedeutung der übertragenen Bilder versteht, wenn ich selbst, der sie gemalt hat, sie auch dann nicht verstehe, wenn sie in meinen Gemälden erscheinen.“

Also, lassen Sie sich treiben in jenen Strudel der Inspiration.

Rainer Maria Rilke hat in seinen 1898 erschienen Schriften „Über Kunst“ dieses Phänomen wunderbar ausgeführt:

„Darum, weil Künstler viel weiter in die Wärme alles Werdens hinabreichen, steigen andere Säfte in ihnen zu den Früchten auf. Sie sind der weitere Kreislauf, in dessen Bahn immer neue Wesen sich einfügen. Sie sind die einzigen, die Geständnisse tun können, wo die anderen verhüllte Fragen haben. Niemand kann die Grenzen ihres Seins erkennen. Den unermessbaren Brunnen möchte man sie vergleichen. Da stehen Zeiten an ihrem Rand und werfen ihr Urteil und Wissen wie Steine in die unerforschte Tiefe und lauschen. Die Steine fallen immer noch nach Jahrtausenden. Keine Zeit hat noch den Grund gehört.“

Erlauben Sie mir abschließend noch Dank zu sagen.
Vor allem dem Ehepaar Plank für die wunderbare Zusammenarbeit. Gleiches gilt für meine Kollegen Susanne und Klaus Hebecker vom Bilderhaus Krämerbrücke in Erfurt. Sie haben das Kunststück unternommen, die Leihgaben aus Privatbesitz zu versammeln. Dank auch diversen Leihgebern, ohne deren Werke die Ausstellung nicht diese Opulenz hätte.
Danken möchte ich dem Stadtrat und der Stadtverwaltung Freital, die auch in schwieriger Zeit die finanziellen Mittel bereitstellten. Mein großer Dank gilt meinem Team und hier vor allem Ilka Melzer und Jörg Schlegel.
Danken möchte ich auch Jan Heinke, der unsere Vernissage musikalisch abrundete.

Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich für Ihr Kommen und Ihre Aufmerksamkeit.

Wir hören zum Abschluss noch einmal Jan Heinke an der Stahlharfe.